Stottern

Jeder Mensch hat ab und zu Sprachprobleme: Man findet nicht die richtigen Worte, verhaspelt oder wiederholt sich. Stottern unterscheidet sich von diesen normalen „Schwierigkeiten“. Hier erfahren Sie, was Stottern ist, an wen Sie sich wenden können und wie es behandelt werden kann.

 

 

Auf einen Blick: Stottern

  • Stotternde Menschen haben Mühe, flüssig zu sprechen. Das kann seelisch belasten und den Alltag beeinflussen.
  • Oft lässt sich keine erkennbare Ursache finden. Stottern ist zum großen Teil erblich bedingt.
  • Es gibt wirksame Verfahren, um Stottern zu behandeln. Dabei lernen Betroffene eine neue Sprechweise oder Sprechtechnik.
  • Eine Behandlung bei Stottern hat das Ziel, das Sprechen zu erleichtern. Sie soll auch helfen, damit verbundene Schwierigkeiten abzubauen.

Was ist Stottern?

Stotternde Menschen wissen eigentlich, was sie sagen wollen. Es fällt ihnen aber schwer, flüssig zu reden. Deshalb sprechen Fachleute von einer Störung des Redeflusses. Stottern äußert sich unterschiedlich. Merkmale sind:

  • Wiederholen von Lauten, Silben oder Wörtern: „Bi Bi Bi Bitte!“ oder „Undundund“
  • Langgezogene Laute: „Aaaaaber“
  • Blockierungen: „fortg...ehen“

Die Unflüssigkeiten treten unbeabsichtigt und wiederholt auf. Betroffene schaffen es in der Regel nicht, das Stottern zu unterdrücken. Als Folge können weitere Auffälligkeiten hinzukommen. Einige bewegen beim Sprechen Arme oder Körper mit. Andere atmen anders oder flüstern, um flüssiger zu sprechen.

Folgen

Der Alltag mit Stottern ist nicht immer einfach. Manche schämen sich oder haben Angst, sich lächerlich zu machen. Das kann sich körperlich bemerkbar machen, zum Beispiel durch Erröten oder Schwitzen. Oft versuchen stotternde Menschen aus Angst, bestimmte Wörter oder Situationen zu meiden.

Ursachen

Der wichtigste Grund für Stottern ist eine familiäre Veranlagung. Äußere Einflüsse spielen auch eine Rolle. Einige Eltern geben sich die Schuld, wenn ihr Kind stottert. Sie glauben, dass sie irgendetwas mit ihrem Kind falsch gemacht haben. Das stimmt nicht: Es gibt für diesen Zusammenhang keinen Nachweis.

Häufigkeit und Verlauf

Von 1000 Kindern fangen etwa 50 an zu stottern. Es beginnt oft plötzlich zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Bei etwa drei Vierteln der Kinder verliert sich die Störung von selbst. Das geschieht meist innerhalb von 2 Jahren. Auch Erwachsene können stottern. Ungefähr weniger als 10 von 1000 sind betroffen. Bei ihnen bleibt das Stottern fast immer bestehen.

An wen kann ich mich wenden?

Um Stottern bei Kindern frühzeitig zu entdecken, achten Kinderärzte bei den Vorsorgeuntersuchungen auf die Sprache. Sie können sich auch selbst an den Kinderarzt wenden, wenn Sie sich fragen, ob Ihr Kind stottert. Er kann Fachleute einbeziehen, die auf Stottern spezialisiert sind. Das sind in der Regel sogenannte Phoniater-Pädaudiologen, Kinder- und Jugendpsychiater, Logopäden und Sprachtherapeuten.
Ansprechpartner für Erwachsene ist beispielsweise der Hausarzt.

Stottern feststellen

Für das weitere Vorgehen ist ein Gespräch hilfreich. Dabei möchte der Untersucher viel über das Stottern erfahren. Er erkundigt sich zudem nach Gefühlen, Belastungen, Schule, Ausbildung oder Beruf. Weitere Hinweise geben Sprechproben. Außerdem können besondere Tests und Fragebögen zum Einsatz kommen.

Wann ist eine Behandlung nötig?

Vorschulkinder müssen nicht sofort behandelt werden. Wenn sich nach 6 bis 12 Monaten das Stottern nicht bessert, empfehlen Experten eine Therapie. Eine Behandlung soll unter anderem sofort angeboten werden, wenn Betroffene oder deren Angehörige stark leiden.

Welche Verfahren sind wirksam?

Als wirksam haben sich Verfahren erwiesen, bei denen man eine völlig neue Sprechweise trainiert (Sprechstrukturierung). Diese soll Stottern nicht aufkommen lassen. Daneben gibt es Ansätze, die das Stottern direkt verändern sollen (Stottermodifikation). Hier üben Betroffene eine Sprechtechnik, um auf Stotterereignisse einzuwirken. Außerdem lernen sie, sich „kritischen“ Situationen zu stellen. Beide Verfahren können kombiniert werden.
Für Kinder zwischen 3 bis 6 Jahren gibt es eigene Verfahren, wie das sogenannte Lidcombe-Programm oder indirekte Methoden.
Lassen Sie sich von Ihrem Arzt oder Ihrem Therapeuten die verschiedenen Methoden mit den Vor- und Nachteilen erläutern. Gemeinsam können Sie dann entscheiden, was in Ihrem Fall am geeignetsten ist. Wie lange eine Therapie dauert, lässt sich schwer vorhersagen. Experten empfehlen, die Behandlung zu ändern, wenn sich nach 3 Monaten das Stottern oder das begleitende Verhalten nicht bessert.

Was hilft nicht?

Experten haben keine Belege gefunden, dass Medikamente, Atemtherapie, Homöopathie, Hypnose, Entspannungstechniken und Bachblütentherapie gegen Stottern wirken.
Manchmal werden Betroffenen Verfahren angeboten, die schnelle Erfolge und Heilung bei Erwachsenen versprechen. Solche Wundermittel gegen Stottern gibt es nicht.

Was Sie selbst tun können

Wichtig ist, sich klar zu machen, dass Stottern keine seelische Störung ist. Auch hat niemand Schuld daran. Es kann zudem helfen, wenn Sie offen und selbstsicher mit dem Stottern umgehen. Das kann Gespräche im Freundeskreis, in der Schule oder im Beruf für alle Seiten einfacher machen.

Wenn Sie selbst oder Ihr Kind betroffen sind:

  • Stellen Sie sich darauf ein: Eine langfristig wirksame Behandlung braucht Zeit und Ihre Mitarbeit.
  • Eine Anlaufstelle kann auch eine Selbsthilfegruppe sein. Dort können Sie sich informieren und mit anderen austauschen.

Als Angehöriger oder Gesprächspartner:

  • Ein respektvoller Umgang sollte im Gespräch immer selbstverständlich sein.
  • Halten Sie Blickkontakt, bleiben Sie geduldig und lassen Sie einen stotternden Menschen ausreden.
  • Versuchen Sie nicht, Wörter oder Sätze zu Ende zu bringen.
  • Stotternde Menschen bekommen häufig Ratschläge, wie „denk erst nach“ oder „sprich langsam“.
    Diese sind oft gut gemeint. Sie verunsichern aber die Betroffenen eher, als dass sie nutzen.