ADHS - Einfach nur viel Energie oder schon hyperaktiv?

Jeder kennt Satze wie „Sitz still!“ oder „Hör mir zu!“. Besonders Kinder hampeln herum, sind unaufmerksam oder handeln manchmal unüberlegt. Auch einige Erwachsene sind unruhig oder reden ständig. Das ist nicht ungewöhnlich. Wenn dieses Verhalten aber überhand nimmt und ernste Probleme mit sich bringt, kann eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung vorliegen – kurz ADHS. Hier erfahren Sie, was eine ADHS ist.

 

Auf einen Blick: ADHS

ADHS ist eine häufige seelische Erkrankung. Sie bleibt meist lebenslang und kann sehr belasten.

  • Die Krankheit kann unterschiedliche Anzeichen haben: Unaufmerksamkeit, übermäßige Aktivität und Impulsivität. Bei ADHS überschreiten diese ein normales Maß.
  • Die Behandlung umfasst Verfahren für Betroffene, Eltern sowie Erziehungs- und Lehrkräfte. Dazu gehören: Beratung und Aufklärung, Training, Psychotherapie und Medikamente.
  • Gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Psychotherapeuten entscheiden Sie, welche Behandlung für Ihr Kind oder Sie selbst am besten geeignet ist.

Häufigkeit und Ursache

ADHS ist eine seelische Erkrankung, die im Kindesalter beginnt: Etwa 5 von 100 Kindern sind in Deutschland betroffen. Die Beschwerden können sich mit dem Älterwerden verringern oder verändern, sie verschwinden aber oft nicht ganz: Etwa 50 bis 80 von 100 Kindern und Jugendlichen mit ADHS haben noch als Erwachsene damit zu tun.

Es gibt viele Ursachen für ADHS. Wie es dazu kommt, ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. Fachleute gehen davon aus, dass vor allem Erbanlagen und Einflüsse aus der Umwelt dazu beitragen.

Was ist mit ADHS genau gemeint?

Menschen mit ADHS fallen im Vergleich zu Gleichaltrigen oft auf. Denn ihr Verhalten und ihre Unaufmerksamkeit gehen immer wieder weit über das „Normale“ hinaus. Dadurch kann es zu Schwierigkeiten kommen, etwa in der Familie, der Schule oder im Beruf. Daneben kann die Krankheit alle Beteiligten – Betroffene, Eltern, Erziehungs- und Lehrkräfte oder Kollegenkreis – anstrengen und an den Nerven zerren.

Die drei Hauptkennzeichen für ADHS

  • Unaufmerksamkeit: Kinder mit ADHS lassen sich beispielsweise leicht ablenken, verlieren schnelldie Lust an einer Tätigkeit, sind häufig schusselig oder können Erklärungen kaum folgen.
  • Unruhe: Betroffene Kinder haben oft Mühe stillzusitzen. Das kann unter anderem dazu führen, dass sie im Klassenzimmer einfach aufstehen oder über Stühle und Tische klettern.
  • Impulsivität: Durch die Krankheit reagieren die Kinder häufig unkontrolliert und sehr spontan. Sie platzen zum Beispiel dauernd mit der Antwort auf eine Frage heraus, bevor diese beendet ist. Zudem fällt es ihnen oft schwer abzuwarten.

Fachleute sprechen nur dann von ADHS, wenn wissenschaftliche Kriterien erfüllt sind. Folgendes muss zutreffen:

  • Eine Mindestanzahl von Anzeichen aus den Bereichen Unaufmerksamkeit, Unruhe und Impulsivität liegt vor. Diese dauern mindestens 6 Monate an.
  • Die Probleme begannen vor dem 7. Lebensjahr.
  • Die Anzeichen zeigen sich in mehreren Situationen, wie zu Hause und in der Schule oder bei der Arbeit.
  • Die Betroffenen leiden unter ihren Beschwerden oder sind dadurch im Alltag eingeschränkt.
  • Es gibt keine anderen seelischen Erkrankungen, die das Verhalten erklären.

Wie wird eine ADHS festgestellt?

Eine Anlaufstelle ist eine ärztliche oder psychotherapeutische Praxis. Zuerst findet ein Gespräch statt. Dabei geht es zum Beispiel darum, welche ADHS-Anzeichen auftreten und wie stark diese sind. Auch die Lebensgeschichte, Probleme in der Schule oder im Beruf sowie andere Krankheiten kommen zur Sprache. Sind Kinder betroffen, können Eltern, Erziehende oder Lehrende wichtige Informationen liefern. Deshalb sollten sie ebenfalls befragt werden.

Körperliche Untersuchungen kommen hinzu, um andere Erkrankungen auszuschließen. Tests, um beispielsweise die Aufmerksamkeit zu messen, oder Fragebögen können weitere Hinweise geben.

Wie sieht die Behandlung aus?

Expertinnen und Experten empfehlen eine Behandlung aus mehreren Bausteinen. Wichtig sind:

  • Beratung: Zu Beginn bekommen Betroffene, Eltern, Kindergärten und Schulen umfassende Informationen. Das Wissen über die Krankheit hilft, besser mit ADHS umzugehen.
  • Eltern-, Erzieher- oder Lehrertraining: Hier lernt man, betroffene Kinder und Jugendliche zu verstehen und ihnen zu helfen. Es gibt Einzel- und Gruppentrainings.
  • Verhaltenstherapie: Hierbei können Betroffene und ihre Familien Techniken lernen, um das Verhalten zu steuern und es so zu verändern. Das soll helfen, den Alltag besser zu meistern.
  • Medikamente: Wenn die Diagnose sicher ist, können sie unter bestimmten Voraussetzungen zum Einsatz kommen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind während der Behandlung wichtig.
  • Als Medikamente kommen sogenannte Stimulanzien sowie die Wirkstoffe Atomoxetin und Guanfacin in Frage. Das bekannteste ADHS-Mittel ist Methylphenidat. Es zählt zu den Stimulanzien und kann als Aufputschmittel missbraucht werden.

Alle Medikamente können Nebenwirkungen haben, wie Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Benommenheit oder Blutdruckschwankungen.

In der Regel erfolgt die Behandlung ambulant. Welche Verfahren in Ihrer Situation richtig sind, hängt vor allem von der Schwere der Krankheit und vom Alter des oder der Betroffenen ab. Ihre Bedürfnisse und Lebensumstände spielen ebenfalls eine Rolle. Beratung, Trainings und Psychotherapie sollen vor allem bei Kindern vor dem 6. Lebensjahr oder bei leichter ADHS angeboten werden. Bei schwerer ADHS stehen Medikamente im Mittelpunkt der Behandlung.

Was Sie selbst tun können

  • Eine ärztliche oder psychotherapeutische Praxis finden Sie hier: www.kvhb.de/arztsuche.
  • Vielleicht haben Sie Bedenken gegen eine vorgeschlagene Behandlungsmethode oder denken über andere Verfahren nach. Scheuen Sie sich nicht, Ihr Behandlungsteam darauf anzusprechen.
  • Im Einzelfall kann es hilfreich sein, auf Lebensmittel mit künstlichen Farbstoffen oder anderen Nahrungszusätzen zu verzichten. Auch bestimmte Nahrungsmittel wie Weizenmehl oder Zitrusfrüchte können die Beschwerden bei ADHS möglicherweise beeinflussen. Ein Ernährungstagebuch kann helfen, das herauszufinden. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt und lassen Sie sich beraten.
  • Oft hilft es, sich mit anderen Betroffenen oder Angehörigen in Selbsthilfegruppen auszutauschen.